Mit der Rente ist das Leben noch nicht vorbei, lässt ein fast 70 jähriger Tretroller-Pilger ausrichten
| Vendula KosíkováObwohl bald siebzig, hält ihn nichts davon ab, auf seiner „Blauen Libelle“ – einem Tretroller S2620 – durch ganz Tschechien zu schweifen. Er nennt sich selbst Tretroller-Opa, und Mitte April wird er auf seine dritte Tretroller-Pilgertour aufbrechen, bei der er das Land von Westen nach Osten durchqueren will. Drücken Sie ihm die Daumen und folgen Sie ihm auf Facebook.
Er begann Tretroller zu fahren, um seinen Enkeln hinterherzukommen
Aus den Facebook-Einträgen
„Wir sind den dritten Tag unterwegs. Die getretenen Kilometer machen unseren Beinen schon zu schaffen. Jeden Morgen wachen wir in einem anderen Bett auf und brechen noch vor Morgengrauen auf. Wir wollen Energie aus der aufgehenden Sonne schöpfen und so viele Kilometer wie möglich zurücklegen. Im Rucksack haben wir alles Nötige für mehrere Tage. Wir möchten pilgern und dabei alle Schönheiten der herbstlichen Natur genießen. Ab und zu weichen wir von der festgelegten Route ab. Dann werden es mehr Kilometer. Macht nichts, das Pilgern lohnt sich, wenn wir Spuren in der Landschaft hinterlassen.“
Mehr auf: www.facebook.com/Děda-na-kolobrndě
Břetislav Snášel alias der Tretroller-Opa ist in Rožnov pod Radhoštěm aufgewachsen, in einer Landschaft, wo Tretroller eine lange Tradition haben. Dennoch ist er erst vor Kurzem zu seinem ersten Gerät gekommen.
„Mein Vater hat mich ans Radfahren herangeführt, bis zur Rennstrecke habe ich es gebracht, aber immer nach den Kindern geschielt, die ohne Leistungsdruck fröhlich auf dem Dorfplatz rumgondelten. Ich habe mir meinen Tretrollertraum erst erfüllt, als meine Enkel darauf zu fahren anfingen.
Zuerst wollte ich ihnen nur hinterherkommen, aber bald kam ich dem Treten so sehr auf den Geschmack, dass ich zu immer längeren Ausflügen aufbrach.“
Die erste 300 km Pilgerfahrt widmete er seiner Familie
Auf seine erste Pilgerfahrt brach Břetislav letztes Jahr im Sommer auf. Die dreihundert Kilometer lange Fahrt durch ganz Mähren machte er zu Ehren seiner Familie, die ihn sein Leben lang unterstützt hat.
„Ich liebe es, von irgendwoher irgendwohin zu fahren, weder unfreundliches Wetter noch gelegentliches Übernachten draußen machen was aus. Ich bin mein Leben lang in die Berge gegangen, habe im Winter im Schnee, in Schneehöhlen biwakiert, hab den Lagerleiter gemacht, den Mährischen Stelzengeher-Klub organisiert und ähnliches.“
Von Polen nach Österreich schaffte er es in 14 Tagen, diesmal fuhr er nicht mehr allein
Aus den Facebook-Einträgen
„Bisher läuft alles ganz nach den Erwartungen. Das Wetter hat sich´s anders überlegt und ist jetzt echt herbstlich geworden. Die Bauern pflügen nach der Ernte. Die Schwalben scharen sich und fliegen im Sturzflug um mich rum. Kühe, Pferde, Schafe aber auch Rehe schütteln die Köpfe darüber, was sich denn da so an ihnen vorbeischleicht und bergauf schnauft. Wir nähern uns dem zweihundertsten Kilometer und nun gehts schwuppdiewupp zum Ziel.“
Die zweite Tretroller-Pilgerfahrt von Norden nach Süden hat Břetislav letztes Jahr im September geplant und von seinem Vorhaben, auch mit der Bitte um Unterkunft, auf seiner Facebookseite informiert. Am Schluss hat er auch die Anmerkung gemacht, er würde sich freuen, wenn sich ihm jemand anschließt, wenigstens für eine Tag.
Es schloss sich der 65jährige Honza Kos an, sie trafen sich in Kácov und fuhren gemeinsam bis zum Ziel. Auch die April-Pilgerfahrt haben sie gemeinsam vor.
Er nennt seinen Tretroller „Blaue Libelle“. Warum ist er mir ihr so zufrieden?
Břetislav nennt seinen Tretroller Yedoo S2620 „Blaue Libelle“ wegen der Farbe und der Leichtigkeit, mit der er sich auf ihm bewegt.
„Ich bin sehr zufrieden mit ihm. Er ist zuverlässig (er trägt meine 96 kg und einen 15-Kilo-Rucksack ohne Probleme) und preislich ist er auch günstig. Ich bin schon 900 km auf ihm gefahren und würde ihn nicht hergeben, er hat Wolkenbrüche und Steine ausgehalten, als ich im Regen vom Riesengebirgsvorland bis nach Jaroměř fuhr. Außerdem rollt er viel schneller als der Tretroller Sulov, den ich am Anfang meiner Tretrollerkarriere hatte.
Es ist nie zu spät anzufangen, lässt der Tretroller-Pilgerer seinen Altersgenossen ausrichten
Vom Facebook der Frau von Břetislav Snášel
„Mit dem Tretroller-Opa ist schon wieder alles anders. Weil er nur eine Karte und kein Bargeld mehr hat und nicht in Rajnochovice übernachten konnte (auch im Hotel konnte er nicht mit Karte zahlen), fuhr er abends Richtung Bystřice pod Hostýnem weiter. Gleich im ersten Dorf Podhradní Lhota nahmen sich Feuerwehrmänner seiner an, die dort grad eine Übung hatten. Die versorgten den Opa mit Kaffee und Kuchen, mit einem Schlafplatz auf der Veranda unterm Dach im Trocknen, und heute Morgen kriegte er auch noch ein Käffchen. Gute Leute gibt es noch! Břetik ist für viele ein Sonderling, also umsorgt man ihn. Vielen Dank, ich drücke die Daumen für die Weiterfahrt, es ist nur noch wenig, bis Sonntag nur noch 45 km. Da wird er bestimmt wieder herumirren. “
Břetislav Snášel ist im Geiste jung geblieben, er zieht Bewegung an frischer Luft und Abenteuer dem Herumsitzen vorm Fernseher und Lamentieren über Politik vor. „Das Tretrollerfahren macht mir Spaß und tut meinen Gelenken gut. Ich habe Freude an jedem gefahrenen Kilometer und jeder draußen verbrachten Nacht.“
Seinen Altersgenossen lässt Břetislav ausrichten: „Es ist nie zu spät anzufangen. Ihr müsst nicht weit fahren, es reicht nur das Dorf. Mit der Zeit werdet ihr feststellen, dass die Entfernung größer wird. Der Kopf wird reingefegt, ihr vergesst die Unannehmlichkeiten des Lebens.
Ihr kommt verschwitzt und müde heim und sagt euch vielleicht, nicht noch einmal. Aber zwei Tage später macht ihr euch wieder auf, nach einem Jahr stellt ihr fest, dass euch das Atmen leichter fällt. Die schlechten Dinge treten in den Hintergrund und ihr beginnt die Welt in schöneren Farben zu sehen. Man muss aufstehen, rausgehen und an jedem Tag etwas Positives finden.“
Die April-Pilgerfahrt rückt näher
Wenn alles läuft, wie es soll, dann können Sie den "Tretroller-Opa" zwischen dem 12. und 27. April irgendwo zwischen dem westlichsten und östlichsten Ort Tschechiens antreffen. Gleich darauf (am 28. April) feiert er seinen 69. Sie finden einen genauen Plan seiner kommenden, 670 km langen Pilgerfahrt auf Facebook.